Holzmodulbauweise
Interview mit Torsten Rieckmann, Geschäftsführer der Senectus GmbH
Zeitsparend, umweltschonend und mit niedrigen Kosten bauen - das wünschen sich Auftraggeber und Investoren. Zudem soll der Wohnraum individuellen Ansprüchen genügen und das Gebäude die Vorgaben der Energieeffizienz einhalten. Die Modulbauweise mit nachhaltigem Rohstoff erfüllt diese Anforderungen.
Was bedeutet Holzmodulbauweise?
Bauen mit Modulen ist eine flexible, kostensparende Bauweise. Dabei wird nicht das gesamte Gebäude als Serientyp gefertigt, sondern das Objekt aus einzelnen Bauelementen zusammengesetzt. Die Module können aus verschiedenen Baustoffen bestehen, u. a. aus Stahl, Beton, Ziegeln, Aluminium, Glas oder Holz. Ein Holzbau nutzt den natürlichen, nachwachsenden Rohstoff Holz als Hauptbaumaterial. Holz ist stabil und leicht zugleich und hat gute Isolationseigenschaften. Die Elemente weisen standardisierte Maße oder Ausgestaltungen auf, sie werden in Bauindustriebetrieben vorab hergestellt und auf der Baustelle montiert. Die Bauteile können Wand- und Deckenelemente oder komplette Raummodule sein, zum Beispiel Küchen, Badzellen oder Balkone. Da die Einzelteile vorgefertigt sind, ist es möglich, sie unterschiedlich zusammenzufügen. So kann das Holzhaus ein Einzelexemplar sein, obwohl typisierte Teile verwendet wurden. Durch verschiedene Kombinationen der Baumodule wird eine gewisse Individualität in der Gebäudegestaltung gesichert.
Wo liegen die Unterschiede im Vergleich zur normalen Holzbauweise?
Die Modulbauweise mit Holz gehört zu den Fertigbauweisen, für den Bau wird auf vorgefertigte Bauelemente zurückgegriffen. Die Fertigteile sind normiert und können kostengünstig hergestellt werden. Das Modul wird industriell gefertigt, so dass die Einzelteile am Standort nur noch zusammengesetzt werden müssen. Ein Holzhaus, das frei von einem Architekten geplant wird, kann wesentlich teurer sein, da es als einzigartiges Objekt nach den persönlichen Wünschen des Bauherrn gestaltet wird. So verfügen normal gebaute Holzhäuser über einen individuellen Grundriss, unterschiedliche Zimmeranzahlen, Raumgrößen und Anordnungen der Räumlichkeiten. Alle Details der Planung sind frei wählbar, einschließlich Extras und Sonderwünsche. Daher dauert die Planung und Fertigstellung eines frei geplanten Holzhauses länger als bei Modulbauweise. Mit einem individuell geplanten Holzhaus kann eine anspruchsvolle Architektur in Verbindung mit den Vorstellungen des Bauherrn verwirklicht werden. Dennoch müssen Auftraggeber bei der Modulbauweise nicht völlig auf subjektive Wünsche verzichten. Ein Holzhaus kann beispielsweise außen mit Platten und Kunststoff verkleidet oder mehrere Raumzellen können individuell kombiniert werden. Bei der normalen Holzbauweise müssen die einzelnen Gewerke optimal ineinandergreifen, um den geplanten Fertigstellungstermin und die Kosten einzuhalten. Der Holzmodulbau bringt dem Bauherrn eine höhere Planungssicherheit, Terminverzögerungen und Kostenüberschreitungen sind aufgrund vieler Vorteile selten.
Welche Vorteile hat die Holzfertigbauweise?
Moderne Häuser in Modulbauweise unterscheiden sich heute kaum noch von klassisch errichteten Gebäuden. Holzhäuser haben eine ähnlich lange Lebensdauer wie Massivhäuser und verfügen über ein gutes Raumklima. Die Modulbauweise mit Holz ist wirtschaftlich und effizient, ihre Vorteile liegen auf der Hand:
- vereinfachte Planung, kostengünstige Bauweise
- Verwendung preisgünstiger Module durch standardisierte Herstellung in Serien kann für verschiedene Haustypen wie Ein- und Mehrfamilienhaus, Reihenhaus, Bungalow oder Gewerbeeinheiten wie Krankenhäuser und Studentendomizile genutzt werden
- einfache Montage, Selbstbau möglich
- kurze Bauzeit durch hohen Vorfertigungsgrad der Bauelemente, trockene Bauweise
- Bauaufwand kann leichter dem finanziellen Budget des Bauherrn angepasst werden, er kann genau kalkulieren
- bei beengten Baustellenverhältnissen oder Objekten mit vielen gleichartigen Nutzungseinheiten bringt die Modulbauweise hohe Kosteneinsparungen
- durch große Präzision in der Vorfertigung ist Passgenauigkeit der Fertigbauteile garantiert
- eigenes Grundstück ist nicht zwingend nötig, auch Pachtland kann genutzt werden
- Statik sowie baurechtliche Anforderungen sind bereits vom Hersteller beachtet worden, freie Grundrissgestaltung
- für Aufstockungen ohne großen Aufwand und ohne zusätzlichen Platzbedarf geeignet
- Flächen können durch Module effektiv ausgenutzt werden
- Erweiterungen des Gebäudes durch Raummodule im Nachhinein möglich
- Bauelemente lassen sich zurückbauen, später anderweitig verwenden oder recyceln
- Bauen mit Holz schützt das Klima und ist nachhaltig
- Holzfertigbauweise gewährleistet mittels hoher Wärmedämmung Energieeffizienz
Beispiele erfolgreicher Projekte in Deutschland und Europa
Auf europäischer Ebene gibt es bereits mehrere repräsentative Projekte für den Modulbau mit Holz. Auf den Lofoten in Norwegen ist beispielsweise eine dreigeschossige Schule in Holzmodulbauweise gebaut worden. Dabei wurde sogar ein Rekord aufgestellt: Die Serienelemente – 74 Module – wurden innerhalb von nur einer Woche montiert. Das Schulgebäude besteht aus drei Etagen und erfüllt alle Anforderungen eines zweckmäßigen und zeitgemäßen Unterrichtsgebäudes.
Holzmodule können die Lösung für bezahlbaren Studentenwohnraum sein, in Deutschland wurden bereits etliche Studentenwohnungen in Holzfertigbauweise geschaffen. In Hamburg entstanden nach lediglich neun Monaten Bauzeit 371 Studentenwohnungen aus dauerhaftem Holz in Form moderner Mikro-Apartments. Damit wurde hier die größte hölzerne Studentenunterkunft Europas errichtet.
Dass sich Ökonomie und Nachhaltigkeit, Funktionalität und Individualität bei der modularen Holzbauweise nicht ausschließen, weiß der Geschäftsführer der Senectus GmbH, Torsten Rieckmann. Exporo sprach mit ihm über das Projekt WOODIE, das Hamburger Studentenwohnheim in Holzmodulbauweise.
Modulare Holzbauweise
Passend zu Beginn des Wintersemester 2017, am 1.Oktober und nur knapp vier Monate nach dem Richtfest, konnten an die 400 Studenten in eine innovative Unterkunft in Hamburg ziehen, die zu großen Teilen aus Holz besteht: Das Studentenwohnheim WOODIE, ein siebengeschossiges Gebäude mit insgesamt 371 Wohneinheiten, auf Europas größter Flussinsel Wilhelmsburg. Dabei zeigt das einzigartige Immobilienprojekt nicht nur, was Holz alles kann, sondern auch, wie sich Bauzeiten nahezu halbieren lassen.
Torsten Rieckmann, Geschäftsführer der Senectus GmbH, entwickelte gemeinsam mit dem Hamburger Projektentwickler Achim Nagel, Geschäftsführer der PRIMUS developments GmbH, das Immobilienprojekt WOODIE.
Herr Rieckmann, wie kam es zur Idee von WOODIE?
T. Rieckmann: “Wir beide, Herr Nagel und ich, haben uns schon jeweils einzeln mit anderen Projekten wie z.B. dem Grundbau und Siedler bzw. dem Senioren-Zentrum „Am Inselpark“ und dem benachbarten Ärztehaus in Wilhelmsburg engagiert. Als sich die Möglichkeit bot, dieses Grundstück zu überplanen, haben wir uns zusammengetan und gemeinsam überlegt, welche Nutzung an diesem Standort am Sinnvollsten wäre.
Da die S-Bahn in Wilhelmsburg eine hervorragende Anbindung zu den Universitäten und auch zur TU Harburg bietet und da sich gerade die Kultur- und Gastro-Szene weiterhin sehr positiv entwickelt, war dieses Grundstück an der Dratelnstrasse schnell als neuer Ort für Studenten ausgemacht. Wir haben uns dann überlegt, dass wir zwei zukunftsträchtige Themenfelder miteinander verknüpfen wollen: das serielle Bauen und das Bauen mit Holz.”
Gab es Schwierigkeiten während der Planungs- und/oder Bauphase? Und wenn ja, wie haben Sie diese gelöst?
T. Rieckmann: “Eine Problemstellung war anfangs der Umgang mit dem Schall- und Brandschutz. Da das Baurecht Ländersache ist, ließ sich auch nicht viel aus anderen Projekten in anderen Bundesländern ableiten. Wir haben eine Vielzahl von Schallschutzmessungen und Abbrandversuchen durchgeführt, um nachzuweisen, dass unsere Planungen umsetzbar sind. Kaum einer weiß, dass Holz im Brandfalle bedingt bessere Eigenschaften als Stahl aufweist. Im Brandfalle knickt Stahl sehr schnell ein, aber Holz bleibt bedingt stabil.
Die Gebäudeöffnungen haben teilweise sogenannte “HafenCity-Fenster”, die auch bei gewissem Lärm einen entsprechenden Schallschutz bieten. Die Freie und Hansestadt Hamburg zeigte sich sehr innovativ und hat die Landesbauordnung geändert. Damit wurde der Weg für den Holzbau ein Stückchen freier gemacht. Es macht uns schon ein wenig stolz, dass die Punkte, die bei unserem Projekt eine Zulassung im Einzelfall waren, nun teilweise Standard sind.
Problematisch war auch die Montage der Module vor Ort. Das Grundstück ist gemessen an der Gebäudegröße sehr klein. Die Montagezeit war nur drei Monate. Die Logistik war eine echte Herausforderung. Eigentlich lag das Lager auf der Strasse bzw. auf den Sattelschleppern, die entlang der Autobahn A7 warteten bis sie zur Baustelle gerufen wurden. Ein Telekran hat dann die Holzmodule von den LKWs auf den Betonsockel gehoben.”
Welche Vorteile bringt die Holzbauweise gegenüber herkömmlichen Bauweisen? Speziell die Modulare?
T. Rieckmann: “Es kann sehr schnell gebaut werden und die Finish-Qualität ist sehr hoch. Ich habe noch nie ein Projekt gesehen, das so wenig Mängel in der Endphase aufweist. Bei herkömmlichen Bauten ist ein gewisser Stand an Mängeln völlig normal. Sie planen das Modul einmal bis zum Ende durch und dann wird es 371 mal gebaut. Das hat schon entscheidende Vorteile.
Zudem dämmt Holz sehr gut. Es ist nur sehr wenig Energie notwendig, um das Gebäude zu heizen. Ein entscheidender Vorteil ist die Schnelligkeit. Von der Grundsteinlegung bis zur Fertigstellung sind nur 11 Monate vergangen. Ein konventioneller Bau hätte mindestens die doppelte Bauzeit in Anspruch genommen. Und die Mieter berichten uns von einem außergewöhnlichen Wohnkomfort im Holz. Das Wohngefühl ist anders, als in Trockenbau und Putz.”
Wo haben Sie die Module fertigen lassen? Wie und wo haben Sie entsprechende Anbieter gefunden?
T. Rieckmann: “Die Module wurden bei der Firma Kaufmann Bausysteme im Vorarlberg/Österreich gefertigt. Wir haben uns verschiedene Firmen in ganz Europa angeguckt und sind viel rumgereist. Letztendlich hat uns die lange Tradition und die Zuverlässigkeit von Kaufmann überzeugt. Der Planungsprozess lief Hand in Hand und viele Probleme wurden gemeinsam gelöst. Im Nachhinein war dies eine richtige Entscheidung. Im Endeffekt war das Kennenlernen - wie häufig im Leben - Zufall. Wir haben uns auf einer Veranstaltung kennengelernt und sind ins Gespräch gekommen.”
Was waren die schönsten Momente in Ihrem Projekt ?
T. Rieckmann: “Es gab bei WOODIE mehrere schöne Moment. Zum einen ist es immer toll, wenn es mit dem Bau losgeht. Überwältigt war ich aber, als das erste Modul vom LKW gehoben und rüber gesetzt wurde. Man hatte den Eindruck, als ob ein Schiff beladen wurde. Schön war auch, als zum Wintersemester letzten Jahres die ersten Studenten eingezogen sind. Viele kannten das Gebäude nur von der Website. Wir haben tolle Reaktionen bekommen, als wir die Schlüssel übergeben haben. Schön war es auch, als wir vor Kurzem den Immobilien Manager Award für die Kategorie Neubau bekommen haben.”
Wie geht es bei Ihnen mit dem Holzbau weiter ?
T. Rieckmann: “Wir testen gerade weitere Nutzungen. Denkbar ist, dass wir Holzmodule auch im Bereich der Senioren-Immobilien einsetzen. Jetzt, wo das Objekt fertiggestellt ist, lernt man die Eigenschaften von Holz nochmal richtig kennen und schätzen. Die Studentenappartements sind ja mit circa 20 qm eher klein. Im Bereich der Senioren stellen wir uns Wohnungsgrößen von 60 bis 80 qm vor. Dies für den Bereich betreutes Wohnen. Denkbar ist aber auch die Verwendung für Pflegeheime.”
Herr Rieckmann, vielen Dank für dieses aufschlussreiche Gespräch.
Quellen:
- Bild: WOODIE, Torsten Riekmann