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Wohnhochhäuser

Zwischen Kult und Komfort

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Durch Filmklassiker wie „Rosemaries Baby“, „Ghostbusters“ und „Die Hard“ ist das Hochhaus seit langem Teil der Popkultur. Aktuell sorgt High Rise nach dem Science-Fiction-Roman des Visionärs J. G. Ballard für wohliges Schaudern in den Kinosälen. Spektakuläre Höhe, faszinierende Architektur und ungewöhnliches Design – wer im Wolkenkratzer lebt, wohnt jenseits der Norm. Hierzulande werden die Vielgeschosser für den Wohnungsbau gerade wiederentdeckt. Jedoch nicht, wie bis in die 1970iger Jahre geschehen, um damit anonyme Großwohnsiedlungen an den Stadträndern hochzuziehen, sondern als exklusive Solitäre für ein Leben in der City.

Allein in Berlin ist in den nächsten Jahren der Bau von 19 Wohnhochhäusern geplant, in Frankfurt am Main sollen 16, in Hamburg und München jeweils 11, in Düsseldorf 9 und in Köln 4 entstehen. Sogar das knapp 288.000 Einwohner zählende Wiesbaden bekommt mit dem „Kureck“ ein 73 Meter hohes Leuchtturmprojekt, das neben Büros auch Platz für 100 Wohnungen bieten wird. Angesichts immer geringer werdender Bauflächen scheint in deutschen Städten das Hochhausfieber ausgebrochen zu sein.

Der Himmel über Berlin

Am Alexanderplatz befindet sich das spektakulärste Projekt in Berlin. Bis 2018 will hier der russische Projektentwickler MonArch den „ABC-Tower“ („Alexander Berlins Capital Tower“) für 180 bis 250 Millionen Euro realisieren. Der vom Architekturbüro Ortner & Ortner entworfene Kubus wird 150 Meter hoch und ist damit nach dem Fernsehturm (358 Meter) das zweithöchste Gebäude der Stadt. Auf 46 Stockwerken und 42.000 m² Nutzfläche werden sich Einzelhandel, Büros und diverse Klubs verteilen, die oberen Etagen sind für 350 Luxusapartments zwischen 30 m² und 300 m² reserviert.

Wer hoch hinaus will, muss tief ins Portemonnaie greifen: Rund 19.000 € kostet der Quadratmeter. Doch was für hiesige Verhältnisse ein dicker Brocken sein mag, ist für internationale Investoren, die aus Shanghai, Singapur und Mumbai ein Mehrfaches gewohnt sind, ein Schnäppchen.
So gäbe es für ein Drittel der exklusiven Herbergen bereits Kaufanfragen, sagt der Vermarkter, darunter ein Kapitalanleger aus Hongkong, der gleich 10 Etagen erworben hätte, um sie als sogenannte Serviced Apartments weiterzuvermieten.

Koloss aus Beton und Stahl

Superlative für das 21. Jahrhundert zu bauen, hat jedoch seine Tücken. So beabsichtigt der US-Immobilienentwickler Hines ebenfalls einen 150-Meter-Turm am Alexanderplatz zu realisieren . Auch hier sieht das Immobilienkonzept eine Mischung aus Restaurants, Hotel und Spa sowie 300 unterschiedlich große Wohnungen mit angeschlossenem Service vor. Allerdings läuft es bei dem von Star-Architekt Frank O. Gehry gestalteten kleeblattförmigen Prestigeprojekt nicht ganz so rund. Denn ob die darunter verlaufende U5 die tonnenschwere Last des Giganten aus Beton und Stahl später tragen wird, ist bisher nicht geklärt, weshalb das 250 Millionen Euro teure Bauvorhaben vorerst auf Eis liegt.

Die Halbstarken von der Spree

Derweil wird an „Max & Moritz“ munter gewerkelt. Die beiden nach den Lausbuben von Wilhelm Busch benannten 86 und 95 Meter hohen, 60.000 m² umfassenden Zwillingstürme entstehen momentan auf dem Gelände des ehemaligen Schlesischen Bahnhofs in Friedrichshain, unweit der Spree. Neben Büros, Läden, einem Boardinghouse und 420 Wohnungen halten die von NÖFER Architekten entworfenen Gebäude zwei außergewöhnliche Extras bereit: Auf dem kleineren „Max“ wird sich später eine 3.200 m² große Dachterrasse befinden und auf dem größeren „Moritz“ können die Bewohner auf dem Rooftop in einem 107.000 Liter Wasser fassender Swimming-Pool planschen und dabei die Aussicht genießen - Berlins höchstes Schwimmbecken. Soviel wohnliche Extravaganz hat jedoch ihren Preis, der bei bis zu 8.000 €/m² liegt.

Mainhattan zu Füßen

Was in Berlin geht, kann Frankfurt schon lange. Am Eingang des neuen Europaviertels soll zukünftig der 172 Meter hohe „Grand Tower“ Besucher empfangen – das höchste Wohnhochhaus Deutschlands . 401 Wohnungen werden auf 47 Etagen unterbracht, von Singleapartments (ca. 41 m²) bis zu Penthouses (ca. 300 m²). Das Highlight wird die knapp 1.000 m²-Dachterrasse in luftiger Höhe mit Garten, Wasserspielen und einem gemeinschaftlichem Cooking-Space und privaten Dining-Rooms. Dienste aller Art übernimmt ein hauseigenes Service-Team. Abhängig von Stockwerk und Ausblick variieren die Kaufpreise zwischen 5.700 €/m² und 19.000 €/m².

Klasse statt Masse

Zwar handelt es sich bei den im Bau befindlichen und geplanten Wohnhochhäuser um Nischenprodukte im gehobenen Segment. Doch der Grund, warum Wohnhäuser in die Höhe „wachsen“, ist nicht allein die Verknappung von innerstädtischen Bauflächen. Auch ökologische und nicht zuletzt bautechnische Aspekte spielen eine Rolle.

Wegweisend hierfür sind die Zwillingstürme „Bosco Verticale“, die zwischen 2008 und 2014 im nördlichen Zentrum von Mailand errichtet wurden. Die Besonderheit der beiden 87 und 119 Meter hohen Gebäude ist ihre mit Pflanzen begrünte Fassade, wodurch die Hochhäuser zum CO²-Schlucker werden. Konzipiert hat sie der italienische Architekt Stefan Boeri, der damit exemplarisch zeigen möchte, wie moderner und zugleich ökologischer Wohnungsbau in Großstädten zukünftig aussehen kann.

Aktuell plant Boeri in Lausanne einen weiteren grünen Riesen, den 117 Meter hohen „Tour des Cèdres“, der aus Altpapier bestehen wird. Auch dessen Fassade wird bepflanzt und zwar mit 100 Bäumen, 6.000 Sträuchern und 18.000 weiteren Pflanzen. Die Fläche entspricht einem ca. 10.000 m² großen Waldstück und soll später als CO²-Filter dienen.

Ressourcen schonend bauen in Metropolen

Weltweit experimentieren Bauschaffende mit (Wohn)-Hochhäusern und kombinieren Höhe, Dichte und nachwachsende Materialien. So etwa der japanische Star-Architekt und Pritzer-Preisträger Shigeru Ban, der in Vancouver einen hybriden Wohntower („Terrace House“) aus Holz und Glas plant. Oder das 84 Meter hohe „Hoho Wien“ in der Seestadt Aspern, das international erste Hochhaus aus Holz, das auf 24 Stockwerken neben Gewerbeeinheiten auch Apartments für Kurzeitwohner bieten wird.

Auch sei Holz gegenüber Beton für die Realisierung von Wolkenkratzern deshalb höchst interessant, weil sich mit ihm schneller bauen lasse und die Vorfabrikation präziser Module leichter möglich sei, sagt der Berliner Architekt Martin Lager, der als Pionier von Hochhäusern aus Holz in Deutschland gilt. Denn dadurch verkürze sich zum einen die Bauzeit und zum anderen gäbe es mit Holz weniger Materialverlust . Ob nun aus Holz oder Beton – sowohl Architekten als auch Investoren entdecken das Wohnhochhaus gerade erst wieder neu. Und wer weiß, vielleicht wird einer der Giganten später einmal als Filmkulisse Berühmtheit erlangen.


Zentrale Aussagen:

  • Allein in Berlin sind bis 2018 19 Wohnhochhäusern geplant, in Frankfurt am Main sollen 16, in Hamburg und München jeweils 11, in Düsseldorf 9 und in Köln 4 entstehen
  • 19.000 € pro Quadrameter stellt für internationale Investoren kein Hindernis dar. Sie bewegen sich bereits zahlreich auf dem deutschen Markt
  • Nicht allein die Verknappung von innerstädtischen Bauflächen trägt zum Bau der Wohnhochhäuser bei. Auch ökologische und nicht zuletzt bautechnische Aspekte spielen eine Rolle wie am prominenten Projekt „Bosco Verticale“ gezeigt werden konnte

Quellen:


Text: Dagmar Hotze, Hamburg
Bilder: Konstantin Tronin, Shutterstock.com, Christian Mueller


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