Ertragswertverfahren
Das Ertragswertverfahren ist eines von drei in Deutschland vorherrschenden und gesetzlich geregelten Verfahren zur Ermittlung eines Immobilienwerts, in diesem Fall: des Ertragwerts. Es ist in der Immobilienwertermittlungsverordnung (ImmoWertV) geregelt.
Wie der Begriff Ertragswert bereits verrät, fokussiert sich das Ertragswertverfahren bei der Berechnung auf die zukünftig zu erwartenden Einnahmen (als Überschuss aus Ertrag und Aufwand) aus einer Immobilie. Bei der Berechnung des Ertragswerts wird zunächst der Wert der baulichen Anlage bestimmt und anschließend der Bodenwert dazu addiert, er besteht also aus der Summe von Gebäudeertragswert und Bodenwert.
Berechnung des Ertragswerts
Jahresrohertrag | |
- | Bewirtschaftungskosten |
= | Grundstücksreinertrag |
- | Verzinsung des Bodenwerts |
= | Gebäudereinertrag |
x | Vervielfältiger |
= | Gebäudeertragswert |
+ / - | sonstige wertbeeinflussende Umstände |
+ | Bodenwert |
= | Ertragswert |
Zur Erklärung:
- Der Jahresrohertrag ist der nachhaltig erzielbare Mietertrag für eine Mietfläche (Rohertrag) pro Jahr.
- Die Verzinsung des Bodenwerts erfolgt unter Heranziehung des Liegenschaftszinses, der von Gutachtern empirisch ermittlelt wird.
- Der Vervielfältiger ist in diesem Fall ein Faktor, mit dem der sogenannte Rentenbarwert einbezogen wird: Er drückt den jährlich anfallenden Reinertrag der baulichen Anlage über die Restnutzungsdauer bei einem bestimmten Zinssatz aus. Siehe Anlage 21 Bewertungsgesetz
- Sonstige wertbeeinflussende Umstände können sein: Abweichungen vom baulichen Zustand, Abweichungen von ortsüblicher Miete, wirtschaftliche Überalterung.
Beispielberechnung eines Immobilienwerts nach Ertragswertverfahren
Bewertungsobjekt: | 2 Zi. Terrassenwohnung |
Baujahr des Gebäudes: | 1967 |
Restnutzungsdauer: | 34 Jahre |
Vervielfältiger: | 16,19 |
Jahresmiete: | 5.760 € |
Bewirtschaftungskosten (Anlage 23 Bewertungsgesetz): | 27 % |
Grundstücksgröße: | 314⁄10.000 von 4.233 m² = 132,92 m² |
Bodenrichtwert: | 277,35 €/m² |
5.760 € | Jahresrohertrag bzw. Rohertrag | |
- | 1.555,20 € | Bewirtschaftungskosten |
= | 4.204,80 € | Grundstücksreinertrag |
- | 1.843,27 € | Verzinsung des Bodenwerts |
= | 2.361,53 € | Gebäudereinertrag |
x | 16,19 | Vervielfältiger |
= | 38.233,17 € | Gebäudeertragswert |
+ | 36.865,36 € | Bodenwert |
= | 75.098,53 € | Ertragswert |
Wann wird das Ertragswertverfahren angewendet?
Da der Ertragswert auf Basis von zukünftig zu erwartenden Einnahmen berechnet wird, kann dieses Verfahren nur bei der Ermittlung von bestimmten Gebäuden und Grundstücken angewendet werden.
Dazu zählen
- Mehrfamilienhäuser und deren Mietwohngrundstücke,
- Büro- und Geschäftsgebäude,
- Einzelhandelsimmobilien,
- gemischt genutzte Immobilien und
- Spezialimmobilien wie Hotels, Krankenhäuser etc.
Kommunale oder öffentliche Einrichtungen wie Schulen oder öffentlich betriebene, kulturelle Einrichtungen können nicht mit dem Ertragswertverfahren berechnet werden. Wie auch bei Immobilien, die keine Erträge erzielen, wird dann auf das Sachwertverfahren zurückgegriffen.
Vor- und Nachteile
Vorteile
- Ein Vorteil gegenüber anderen Methoden ist, dass sich mit dem Ertragswertverfahren eindeutige und vor allem marktnahe Immobilienwerte ermitteln lassen.
- Etablierte und anerkannte Bewertungsmethode mit hoher Praxisrelevanz
- Gesetzlich geregelt in der WertV (Wertermittlungsverordnung)
Nachteile
- Problematisch ist, dass beispielsweise zukünftig stark steigende Mieten in diesem Verfahren keine Rücksicht finden.
- Entgegen internationalen Bewertungsstandards finde Transaktionskosten in dem Verfahren keine Berücksichtigung
- Allgemein unterliegt es einer gewissen Manipulierbarkeit, da der Liegenschafszinssatz nicht für jede Gemeinde normiert wird.
- Das Verfahren sieht eine in der Realität häufig schwierig zu vollziehende Trennung zwischen Grund und Boden vor.